ETF
Was bedeutet eigentlich ETF ?
ETF heißt Exchange Traded Fund. Ein ETF ist ein Finanzvehikel, ähnlich einem Investmentfonds. Ein ETF orientiert sich immer an einem Index. ETFs haben wie Investmentfonds den Status des Sondervermögens, sind also im Falle einer Insolvenz der Kapialanlagegesellschaft geschützt.
Was ist ein Index ?
In einem Index werden die größten Unternehmen der betrachteten Einheit zusammengefasst. Im DAX sind die 40 nach ihrem Kapitalwert größten deutschen Unternehmen enthalten. Im EURO STOXX 50 finden sich die 50 wertvollsten europäischen Unternehmen. Der älteste Index ist der Dow Jones Industial Average aus den USA, er enthält 30 Werte. Diese Werte werden auch “blue chips” genannt. Bekannt sind noch der S&P 500, der ebenfalls US-amerikanische Werte abbildet und der MSCI World, der rund 1.500 Werte aus 23 Industriestaaten aufführt.
Wie funktioniert ein ETF ?
Ein ETF auf den DAX kauft genau die 40 Werte, die im DAX enthalten sind. Ein Fondsmanager hat also nichts anderes zu tun, als dafür zu sorgen, dass sein ETF den DAX in der entsprechenden Gewichtung abbildet. Das nennt man “passives Investment” im Gegensatz zu den aktiv gemanagten Fonds, bei denen Manager nach den Unternehmen mit den besten Zukunftsaussichten suchen. Beim ETF muss der Manager nur handeln, wenn Anleger investieren oder Geld abziehen. Dann muss er die Zusammensetzung entsprechend anpassen, so dass die Gewichtung wieder stimmt. Wird der DAX verändert, muss er den Titel, der hinausfällt, verkaufen und den Titel, der aufgenommen wird, für seinen ETF erwerben.
Beispiel DAX
Adidas, Airbus, Allianz, BASF, Bayer, Beiersdorf, BMW, Brenntag, Commerzbank, Continental, Covestro, Daimler Truck, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Deutsche Telekom, DHL Group, E.ON, Fresenius, Hannover Rück, Heidelberg Materials, Henkel vz., Infenion, Mercedes-Benz Group, Merck, MTU Aero Engines, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Porsche, Porsche Automobil vz., QUIAGEN, Rheinmetall, RWE, SAP, Sartorius vz, Siemens, Siemens Energy, Siemens Healthineers, Symrise, Volkswagen vz, Vonovia, Zalando
Wie werden die Indizes nachgebaut?
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Werte eines Indizes in einen ETF zu packen. Diese unterscheiden sich fundamental.
Physisch replizierte ETFs
Diese Indexfonds bilden den Index genau ab und kaufen die Aktien aus dem Index im dort herrschenden Verhältnis ins Portfolio des ETF.
Diese ETFs kommen dem klassischen Investmentfonds am nächsten. Hier sind also die tatsächlichen Vermögenswerte im ETF, der Anleger hat einen konkreten Gegenwert für sein Investment.
Je kleiner der Index, umso einfach ist es für den ETF-Anbieter diesen tatsächlich 1:1 nachzubilden und die Werte physisch zu kaufen. Kleine Indizes sind z. B. der DAX und der EURO STOXX 50.
Als Unterart gibt es hier das so genannte Sampling. Dabei werden nur die relevantesten Werte aus dem Index aufgenommen. Wenn man Pech hat, hat sich der ETF-Anbieter für renditeschwache Aktien entschieden und der ETF bleibt hinter der Index-Entwicklung zurück.
Synthetisch replizierte ETFs
Synthetische ETFs investieren nicht in reale Vermögenswerte. Hier wird der Index künstlich nachgebaut. Das funktioniert über Tauschgeschäfte (sogenannte Swaps) des ETF-Anbieters mit Investmentbanken. Es werden nicht (oder nur zum Teil) Titel aus dem Index gekauft, sondern andere Aktien oder vor allem Optionen auf die Index-Aktien. Die Vertragspartner treffen folgende Vereinbarung: Liegt die Wertentwicklung des abgebildeten ETF-Portfolios unter der Wertentwicklung des Indizes, so gleicht die Investmentbank die Differenz aus und schreibt sie dem ETF zu. Liegt die Wertentwicklung des ETF-Portfolios über der Wertentwicklung des Index, so bekommt die Investmentbank die Differenz gutgeschrieben.
Da die Replikation relativ kompliziert ist, sind synthetische ETFs für Anleger nur schwer nachvollziehbar. Das Hauptproblem bei der synthetischen Replikation besteht darin, dass die Rendite davon abhängt, ob die Gegenpartei ihren Verpflichtungen nachkommen kann . Dies birgt ein Risiko, das bei physisch replizierten ETFs nicht besteht. Schließlich ist ungewiss, was passiert, wenn die Gegenpartei ihren Verpflichtungen nicht nachkommt.
Dieses sogenannte Kontrahentenrisiko ist vielleicht dem ein oder anderen noch aus der Zeit der Finanzkrise bekannt. Als 2008 die Lehman-Bank zusammenbrach, verfielen reihenweise Zertifikate wertlos, weil Lehman diese als Gegenpartei garantiert hatte. Die Garantie wird wertlos, wenn der Garantiegeber nicht mehr existiert. Dass solche Szenarien gar nicht so weit hergeholt sind, beweist die Krise der Credit Suisse 2023, die von der UBS übernommen werden musste. Ob dabei dann auch die Verpflichtungen aus solchen Swaps mit übernommen werden, kann der Anleger nur hoffen.
ETFs zählen zwar als Sondervermögen bei Insolvenz der Kapitalanlagegesellschaft, die ausstehenden Swap-Differenzen bei Insolvenz der Gegenpartei gehören jedoch nicht dazu.
Die großen Indizes werden praktisch nur über Swaps nachgebildet. Einen MSCI World physisch nachzubilden, zieht enorme Handelsvolumina nach sich, die die Kostenvorteile teilweise zunichte machen. Und auch ein ETF auf den S&P 500 wird i.d.R. ein synthetisch replizierter ETF sein. Wer in sehr engen bzw. Nischenmärkten investieren möchte, kommt ohnehin an Swap-ETFs nicht vorbei.
Welche Vorteile bietet ein ETF ?
Ein ETF ist vor allem kostengünstig. Der Fondsmanager hat nicht so viel zu tun. Vor allem muss er keinerlei Analysen betreiben. Ihm ist es ganz egal, wie gut die Geschäftsaussichten eines Unternehmens sind. Er bildet den Index nach. Somit spart sich der ETF das ganze Analystenteam und die Suche nach den erfolgversprechenden Geschäftsmodellen.
Ein ETF wird in der Regel beratungsfrei gekauft. Es gibt viele ETFs auf den MSCI World. Der Kunde braucht keine Beratung, bei welchem Emissionshaus er kaufen sollte, denn abgesehen von der Bonität der Vertragspartei gibt es keine Unterschiede zwischen diesen ETFs. Das kann er/sie also selbst und damit enfällt auch das Honorar für den Anlageberater.
Das ist der Grund, warum Verbraucherschützer vor allen Dingen ETFs empfehlen. Sie betrachten ausschließlich die Kostenseite. Wenn es nur darum geht, wenig Gebühren zu bezahlen, liegen die Verbraucherschützer richtig. Beim Kauf eines ETF fallen geringe Kosten an.
Wobei: an dieser Stelle erlaube ich mir mal einen kleinen Exkurs. Bei den aktiv gemanagten Fonds wird immer lauthals über den Ausgabeaufschlag geschimpft. Der Ausgabeaufschlag geht als Provision, man könnte es auch Beratungshonorar nennen, an den Berater. Wenn ich mit viel Aufwand und großer Sorgfalt für einen Kunden ein Portfolio zusammengestellt habe, dann ist das schlicht meine Entlohnung für diese Dienstleistung. Sie möchten doch auch für Ihre Arbeit bezahlt werden, oder etwa nicht? Ich bin mir der Bedeutung von Kosten bewusst und suche für meine Kunden immer nach guten Fonds, die eine niedrige Kostenstruktur aufweisen und ich mache bei jeder Beratung die Kosten zu 100 % transparent!
Ein weiterer Vorteil von ETFs ist die Transparenz. Der Gewinn oder Verlust im ETF wird immer ähnlich hoch sein wie im zugrundeliegenden Index. Natürlich nur annähernd, denn ganz ohne Kosten geht es beim ETF schließlich auch nicht.
Welche Nachteile hat ein ETF ?
Da gibt es tatsächlich einige. Und die werden leider von Verbraucherschützern in ihrer Betrachtung vollkommen ausgeklammert. Für mich ist das nicht nachvollziehbar, dass Verbraucherschutz auf diesem Auge so blind ist.
Bildet der Index wirklich die ganze Wirtschaft ab ?
Natürlich nicht. In Deutschland gibt es ungefähr 3,5 Millionen Unternehmen. Gut, da bin ich mit meinem kleinen Unternehmen natürlich auch dabei – das ist zum Investieren völlig uninteressant. Aber die 40 Großen sind ein nur winziger Bruchteil der gesamten Wirtschaftskraft. Beim EURO STOXX 50 und beim MSCI World wird das Missverhältnis noch krasser. Im MSCI World befinden sich zu 72 % US-amerikanische Unternehmen – das ist von “weltweit” doch ziemlich weit entfernt.
Wer über ETF investiert, beschränkt also sein Anlageuniversum ganz erheblich. Der deutsche Mittelstand hat so viel mehr zu bieten als die DAX-Werte! Außerdem kann ich mir bei einem DAX-ETF nicht die Perlen des DAX aussuchen, sondern muss alle Werte akzeptieren. Wenn man sich die Liste einmal genau anschaut, sind da einige Unternehmen dabei, in die man vielleicht lieber nicht investieren möchte.
Fehlende Risikostreuung
Wer in einen ETF investiert, hat also alles andere als ein breit gestreutes Investment, sondern im Gegenteil nur einen kleinen Ausschnitt des gewählten Wirtschaftsbereichs. Eigentlich ist der Vorzug von Investmentfonds im Gegenteil zur Einzeltitelauswahl die Risikostreuung. Risikostreuung ist die DNA des Fondsprinzips. Genau das funktioniert mit ETFs allerdings nicht.
Synthetische Replikation
Wie schon oben bei der Funktionsweise beschrieben, bergen diese ETFs durchaus Risiken. Es handelt sich in Wirklichkeit um Wettgeschäfte, der Anleger ist nicht Besitzer eines realen Gegenwertes. Die Art und Weise, wie der ETF gebaut ist, ist meist sehr intransparent. Zum Schutz der Anlegerinnen und Anleger ist das Kontrahentenrisiko aufgrund gesetzlicher Vorgaben auf maximal 10 Prozent des Fondsvermögens begrenzt.
Im Crash wird der Index zur Fessel
In einer Crash-Situation werden auch gute Investments wahllos zu Boden gerissen. Ein ETF hängt auf Gedeih und Verderb am Index und er wird genausoviel verlieren, wie der Index, dem er nachgebildet ist. Gute aktive Fondsmanager können es schaffen, Verluste in Crashes zu begrenzen und manchmal sogar ganz zu vermeiden.
Nachhaltiges Investieren
Wer Wert auf nachhaltig / ethisches Investieren legt, ist bei den Indizes ganz schlecht aufgehoben. Hier ist das Auswahlkriterium alleine die Marktkapitalisierung, egal woher die Gewinne stammen. Unternehmen wie Rheinmetall oder Bayer im DAX dürften Anleger, die mit ihrem Investment zur Verbesserung der Lebensumstände auf unserem Planeten beitragen möchten, kaum zufriedenstellen.